Mit dem Coronavirus geht es für zahlreiche kleine Firmen und Mittelständler plötzlich um alles. Während für viele Selbstständige und Unternehmer die Umsätze auf null gesunken sind, haben andere, vor allem aus der Grundversorgung, ihre Kapazitäten auf über 100 Prozent hochgefahren.
Manche erfinden sich auch neu, indem sie Lebensnotwendiges für den Gesundheitssektor produzieren – Desinfektionsmittel statt Gin zum Beispiel. Manche stellen außerdem Lieferservices zur Verfügung und merken rasch, dass dies ein neues Denken, neue Organisationsformen (mobile Kommunikation) und flexible Abrechnungssysteme erfordert.
Man muss kein Zukunftsforscher sein, um an die Zeit danach zu denken und sich bewusst zu werden, dass es einer neuen Ausrichtung bedarf, um bis dahin zu überleben. In erster Linie denkt jeder Unternehmer an neue Produkte, Lösungen und Services, die jetzt oder später gefragt sein könnten.
Der Dreh- und Angelpunkt vieler KMUs sind aber die Themen Organisation, Verwaltung, Abläufe – also betriebswirtschaftliche Themen, mit denen man sich als Dienstleister oder Handwerker nicht gerne oder aus Zeitnot einfach zu wenig beschäftigt.
Die Chance in der Krise wäre also genau jetzt, diese Abläufe und die wirklich wichtigen Themen anzugehen.
Warum?
Viele Unternehmer und Selbstständige werden jetzt mit Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, AMS und den Hausbanken in Verbindung stehen. Das Thema der Unternehmensfinanzierung ist essenziell, ein Business-Plan wird notwendig (Fortbestandsanalyse), Gespräche mit Steuerberatern und Kalkulationen für Preisgestaltung stehen an – und eines treibt vor allem um: die Personalkosten.
- Wissen Sie auf Knopfdruck, wie viel Urlaube bestehen, wer wie viele Stunden pro Arbeitswoche leistet, welche Krankenstände anfallen?
- Bleiben Ausgangsrechnungen liegen, weil die Personalverwaltung so viel Zeit verschlingt?
- Wie hoch ist eigentlich die Rechnung Ihres Steuerberaters für die Aufbereitung der Zahlen – also die Schritte vor der eigentlichen Personalverrechnung?
Die Kurzarbeit...
Der Antrag für Kurzarbeit ist rasch unterfertigt und im besten Falle läuft das System schnell an. Die wichtigsten Fragen sind aber:
- Welche Mitarbeiter werden mit welchen Prozentsätzen in Kurzarbeit geschickt?
- Auf welcher Grundlage erfolgt die Entscheidung?
- Alles oder nichts? Kurzarbeit für alle zu 100 Prozent oder individuell?
- Wenn Homeoffice in Frage kommt: wie bleibt dies transparent?
Chancen für Unternehmen, die vollkommen geschlossen sind, sehen wir vor allem darin:
- Sie können Mitarbeiter mit Verantwortung und jene in der Verwaltung im Unternehmen halten und sie für Reorganisationsprojekte aktivieren – via Homeoffice und Videokonferenzen. Hier kann besprochen werden, wie man die Krise „überstehen“ kann. Als Chef muss man sich jetzt Zeit nehmen für diese wesentlichen Themen und die Kommunikation aufrechterhalten.
- Überprüfen Sie den Organisationsreifegrad: Was sich sehr akademisch anhört, entscheidet darüber, ob das Unternehmen in drei Monaten oder drei Jahren noch besteht. Genau jetzt ist die Zeit dafür, neue Themen anzugehen, die bisher verschoben wurden.
Dranbleiben lohnt sich, auch wenn es anstrengend ist!
Um weiterzumachen hilft es, sich die Zeit nach der Corona-Krise zu verbildlichen. Also sich klarmachen, wie das neue Geschäftsumfeld aussehen wird:
- Digitalisierung sorgt für neue Organisationsformen, neue Themen und sehr rasche Umsetzungen. Jeder Handwerker, der sein Kerngeschäft beherrscht, wird ein Organisator sein müssen. Denn er beherrscht zwar sein Handwerk, doch die wahre, ihn fordernde Innovation findet in der Digitalisierung statt: Kundendatenbanken, interaktive Webseiten und Chats, rasche Planung der Personalressourcen und auch der Zahlung. Digitale Terminplanung, Arbeitszeitbestätigung via Tablet und digitale Einsatz- bzw. Tätigkeitsberichte, etc. – das alles könnte ganz einfach umgesetzt werden.
- Mitarbeiter werden mehr Verantwortung übernehmen und mehr nach dem Ergebnis ("Ist das Projekt rentabel und der Kunde zufrieden?") als an der Anwesenheit gemessen. Vorbehalte? Viele Mitarbeiter sind ohnehin mobil, unterwegs und schreiben wohl bisher die Arbeitszeiten eher nach Gefühl in die „Tabellen der kreativen Zahlen“.
- Unternehmer neigen dazu, genau ihr Geschäft als einzigartig anzusehen, dass eben etwas anders tickt. Entsprechend will man sich so wenig wie möglich an anderen Firmen orientieren. Aber seien wir ehrlich, viele Firmen haben Werkzeuge, Ideen und Maßnahmen, die durchaus Sinn machen – und die als Impuls dienen können.
- Innovative Firmen aus dem eigenen Geschäftsumfeld wie Lieferanten oder Hersteller können oft als Vorbild dienen. Den Kundenservice einer Firma Vaillant kann man hier beispielsweise durchaus loben. Dort sind Abläufe absolut klar geregelt: Einfache Erreichbarkeit via E-Mail, einfache und automatisierte Terminplanung, Abrechnungen und Wartungszyklen im Blick, proaktive Kundenbetreuung und vieles mehr. Was den Kunden freut, ist einfach umgesetzt und am Stand der Zeit.
Nutzen wir die Chance, stellen wir den Mittelstand neu auf, organisatorisch und technisch, krisensicher, resilient und redundant. Auch Bundeskanzler Kurz spricht von der Auferstehung nach Ostern – er wird es nicht nur religiös gemeint haben. Dann blicken wir zurück und schauen, wer sich neu erfunden hat.
Über den Autor:
Jürgen Kolb verantwortet als Mitbegründer und Geschäftsführer von ART Digital Solutions den Bereich Sales, PR & Marketing. Als zertifizierter Datenschutzberater bringt er juristisches sowie technisches Fachwissen ein. Nach verschiedenen beruflichen Stationen in der öffentlichen Verwaltung sowie in der freien Wirtschaft gründete Jürgen als (fast fertig studierter) Wirtschaftswissenschaftler gemeinsam mit seinem Partner aufgrund vorangegangener Erfahrungen bereits sein drittes erfolgreiches Unternehmen, denn auch am Aufbau der Antares-NetlogiX ist er schon seit Beginn im Jahr 2000 beteiligt, sowie bei der iQSol GmbH seit der Gründung 2010.